Über Opfer der sogenannten "Euthanasie" in Stadt und Regierungsbezirk Frankfurt (Oder) ist gegenwärtig kaum etwas bekannt. Gleichwohl hat eine erste Stichprobe am Bundesarchiv nach gebürtigen Frankfurtern, die im Rahmen der T4-Aktion ermordet wurden, ergeben, dass es sich hierbei wahrscheinlich um die größte Opfergruppe des Nationalsozialismus in der Stadt handelt - zahlenmäßig wird sie nur von den ermordeten jüdischen Frankfurtern übertroffen.
Es ist an der Zeit, auf die zahlreichen Facetten aufmerksam zu machen, die die Geschichte dieser Mordaktion mit der Stadt Frankfurt (Oder) verbinden. Die Hauptstadt des Regierungsbezirks verfügte über ein am Landgericht angesiedeltes Erbgesundheitsgericht, in dem die Sterilisation Kranker, für krank Erklärter, angeblich nicht Arbeitsfähiger und Randständiger beschlossen wurde. Mehrere Krankenhäuser in der Stadt beteiligten sich in der Folge an den Zwangssterilisationen. Auf dem Frankfurter Hauptfriedhof liegen einer weiteren Stichprobe zufolge vermutlich zahlreiche Opfer der nationalsozialistischen Mordpolitik. Im Regierungsbezirk befanden sich Mordanstalten wie die berüchtigte Anstalt in Obrawalde oder auch die weniger bekannten Anstalten von Landsberg/Warthe, beide Orte befinden sich heute auf polnischem Gebiet.
Die Volkshochschule Frankfurt (Oder) führt (gemeinsam mit der Wichern-Diakonie und der Gedenk- und Dokumentationsstätte "Opfer politischer Gewaltherrschaft") und dem städtischen Friedhof ein Projekt durch, in dem die Öffentlichkeit für das Thema der "Euthanasie" anhand von Beispielen aus der Region sensibilisiert werden soll. Gezeigt werden drei Ausstellungen: eine, die über ausgewählte Opfer aus der Stadt Frankfurt (Oder) und die regionale Geschichte der "Euthanasie" informiert, eine Fotoausstellung, die gemeinsam mit der Wichern-Diakonie entstehen wird und eine dritte - von BürgerInnen der Stadt zu diesem Thema erarbeitet. Darüber hinaus werden im Rahmen des Projekts ein Filmabend sowie eine Vortragsveranstaltung stattfinden und auf diese Weise die Auseinandersetzung mit einem düsteren Kapitel der deutschen Geschichte angestoßen und gefördert.
Dieses Projekt wird durch die LZ für politische Bildung gefördert. Bitte informieren Sie bei Interesse sich über die aktuellen Medien.
Wir freuen uns über jede Unterstützung bei der Forschungsarbeit. Wenn Sie historisches Material oder eigene Geschichten zu diesem Thema haben, hören wir gern und zu bauen Ihre Materialien ein (bei Bedarf auch anonym).
Heute eröffnen wir die Ausstellung "Liebens- und lebenswerte Orte", die von Menschen mit Lernschwierigkeiten im Rahmen des Projektes erarbeitet wurde. Wir haben über Euthanasie gesprochen und über das, was das Leben eines jeden Menschen lebenswert macht. Dann sind wir an Orte gegangen, die die TeilnehmerInnen besonders lieben und an denen sie sich wohl fühlen. Geschichten darüber wurden erzählt und damit die Orte auch für andere liebenswert gemacht. Beim inklusiven Frühstück stellen wir die FotografInnen und ihre Arbeiten vor.